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ONCE THE DAY WILL COME

2015, Found Footage Film & Installation, 1:00 Min. Loop, s&w/stumm

Im Sekundentakt folgen die schwarz-weißen Bilder aufeinander. Die verschiedenen Protagonisten in einer sich unablässig ändernden Szenerie sind in ihrer exaltierten Mimik und Gestik sofort der Ära des Stummfilms zuzuordnen und erzählen von einer anderen, einer längst vergangenen Zeit. „Zeit“ – das ist genau das richtige Stichwort: in der Bildfolge, die auf den ersten Blick wie ein Zusammenschnitt einzelner Szenen ohne narrativen Zusammenhang wirkt, fallen zunächst die immer wiederkehrenden Gesten des Zeigens auf. Nach mehrmaliger Betrachtung des Video-Loops werden Assoziationen mit einem Gegenstand wach, der allgegenwärtig und fest verbunden mit der kulturellen und technischen Entwicklung des Menschen ist. Es ist die abstrahierte Darstellung einer analogen Uhr. 

In dem kreisrunden Bildausschnitt bewegen sich die Hände der Personen zirkulierend wie ein Sekundenzeiger über das Zifferblatt – gegen den Uhrzeigersinn. Das Anzählen eines bestimmten Ereignisses, das bei „0“ eintritt ist uns vor allem aus der Raumfahrt bekannt. Die erste Inszenierung eines Countdowns erfolgt jedoch mehr als 30 Jahre bevor das erste bemannte Space Shuttle die Erdumlaufbahn verliess. Bereits im Jahre 1928 leitet Fritz Lang in seinem letzten Stummfilm „Frau im Mond“ den Start der Rakete „Friede“ durch einen Countdown ein. Um dem Publikum die Spannung der letzten Sekunden vor dem Start glaubhaft vermitteln zu können setzt Lang Schrifttafeln ein, die von sechs bis null herunter zählen und erfindet so die ästhetischen Formeln der Raumfahrt, die wenig später Einzug in die Realität halten sollten. 

Die Videoinstallation ONCE THE DAY WILL COME der österreichischen Künstlerin Karin Fisslthaler besteht ausschliesslich aus kurzen Szenen des besagten Filmes, welche, ohne Rücksicht auf ihre chronologische Abfolge, neu arrangiert werden. Auf Ton, etwa die in Stummfilmen übliche, musikalische Untermalung verzichtet die Künstlerin hier bewusst. Die Geste des Zeigens, als nonverbales, rein visuelles Kommunikationssystem, wird zum alleinigen Träger von Informationen und zum verbindenden stilistischen Element. Sie verweist auf eine außerhalb liegende Welt, auf eine räumliche, zeitliche und interpretatorische Möglichkeit. Die Person in der letzten Szene durchbricht die Kreisbewegung. Der Zeigefinger zielt direkt auf den Betrachter, Gestik und Mimik des Mannes scheinen zu fragen: „Und, auf was wartest du?“. In Echtzeit zählt die Videoarbeit ihrem Ende entgegen, um dann von neuem zu beginnen und ist dabei die Inszenierung ihrer eigenen Referenz. Auch der Titel der Installation ONCE THE DAY WILL COME verweist auf eine Peripherie, auf etwas Unbekanntes, in der Ferne liegendes und suggeriert eine symbolische Aufnahme der Zukunft in der Gegenwart. Doch auf welches Ereignis der Countdown letztendlich abzielt und ob diesem mit Freude, Spannung oder gar Schrecken entgegengesehen wird, bleibt im Verborgenen. (DOK Fest Kassel)

CREDITS
Regie: Karin Fisslthaler
Screeningformat: HD-Video, 4:3, s&w/stumm

Ausstellungen:

SEARCH FORM
Gruppenausstellung, Kunsthalle Exnergasse, Wien (AT), 2016 

MONITORING
Gruppenausstellung Kultur Bahnhof Kassel (DE), 2016 

THE BODY POLITIC
Gruppenausstellung, Gallery of Photography Dublin (IRL), 2016 

PARALLAXE 11. Karin Fisslthaler & Nathalie Koger
Einzelausstellungen, MemphisMemphis Linz (AT), 2016 

FISSLTHALER/ BERGMÜLLER
Einzelausstellungen, Fotohof Salzburg (AT), 2017

QDK ARTVIDEOLOOP, Raum D, Museumsquartier, Wien (AT), 2020